Teil 23: Was macht eigentlich? Peter Stehfest
Peter Stehfest war der erste Spieler, der aus der früheren DDR zum FC Zons gewechselt ist. Im Interview erzählt der heute 57-Jährige über zwei Fluchtversuche, einen schweren Auto-Unfall und seinen Weg nach Zons. Stehfest spielte in einem Junioren-Team zusammen mit Europameister Matthias Sammer für Dynamo Dresden.
Was machst Du heute?
Ich wohne am Fuße des Wendelsteins im Landkreis Rosenheim, nicht weit von der Grenze zu Österreich entfernt. Ich arbeite als Technischer Leiter einer Familienbäckerei in Rosenheim und halte mich vor allem mit Radfahren fit. 2011 hatte ich einen schweren Autounfall. Ich lag zehn Tage im Koma und mein Leben hing am seidenen Faden. Seitdem sehe ich viele Dinge gelassener. Heute geht es mir sehr gut. Ich bin zufrieden und sehr dankbar, dass ich das so sagen darf.
Du warst der erste Spieler, der nach dem Fall der Mauer 1989 aus der ehemaligen DDR zum FC Zons gewechselt ist. Wie hast Du den Weg nach Zons gefunden?
Man konnte damals in der DDR nicht so recht einschätzen, ob die Mauer fällt oder nicht. Ich habe im April 1989 einen ersten Fluchtversuch gestartet und bin an der Grenze erwischt worden. Der zweite Versuch war erfolgreich. Im September 1989 bin ich zusammen mit meinem besten Kumpel Steffen Vogler über Ungarn abgehauen. Wir sind über Österreich in Weiden in der Oberpfalz gelandet. Nach Zons bin ich 1990 gekommen. Mein leider schon verstorbener Bruder wohnte in Stürzelberg und hatte mir geraten, nach Dormagen zu wechseln. Diesen Schritt habe ich nicht bereut.
Du bist zur Saison 1990/91 nach Zons gekommen. Der FC Zons war gerade in die Bezirksliga abgestiegen. Was waren Deine sportlichen Höhepunkte in Zons?
Ich bin in der Jugend von Dynamo Dresden groß geworden und habe in einem Team mit Matthias Sammer gespielt. Ich war in der DDR Leistungssportler, wie das damals hieß. Mein Ziel war ganz klar: Profi werden. Nach meiner Flucht habe ich zunächst für den damaligen SV Wehen in der 3. Liga gespielt. Als man mir dort nach einer Saison sagte, dass ich in die 2. Mannschaft abgeschoben werde, habe ich einen Neuanfang gesucht. Sportlich gesehen war der Wechsel zu einem Bezirksligisten wie Zons natürlich ein Abstieg für mich. Aber die vier Jahre beim FC Zons sind im Nachhinein zu einem absoluten Höhepunkt geworden. Die Krönung war 1993 der souveräne Aufstieg mit 57:3-Punkten in die Landesliga. Wir hatten damals eine tolle Mannschaft mit sensationell guten Einzelspielern. Dieses Team hätte auch zwei Klassen höher mithalten können.
Was verbindest Du mit Deiner Zeit in Zons?
In erster Linie sehr viele schöne Erinnerungen und Erlebnisse. Ich war damals ein junger Spieler, der diese Gemeinschaftserlebnisse, wie sie in Zons üblich waren, nicht kannte. Das gab es in der DDR so nicht. Nach jedem Training saßen wir im Vereinsheim zusammen. Nach jedem Spiel haben wir dort mit den vielen Zuschauern gefeiert. Mannschaftstouren nach Mallorca, zum Karneval nach Köln, zum Schützenfest in Zons – das alles war für mich Neuland. Ich habe das alles aufgesogen. Dazu hatten wir auf dem Platz und außerhalb des Platzes richtig tolle Leute in Zons. Mir kam das alles vor wie eine große Familie. Mein Mentor in Zons war unser damaliger Trainer Horst Feilzer, der leider viel zu früh gestorben ist. Ich bekomme heute noch eine Gänsehaut, wenn ich über ihn spreche. Aber auch die Erinnerungen an Zons, die jetzt wieder aufploppen, lassen mich ein Stück weit sentimental werden. Ich bin froh, dass ich das erleben durfte.
Welche Kontakte hast Du heute noch nach Zons?
Ich habe engen Kontakt mit meinem Neffen Max, der in Zons wohnt. Ich weiß, dass der FC Zons heute in der Kreisliga A spielt und auf Spieler aus den eigenen Reihen setzt. Der Weg ist vernünftig, gerade wenn man finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet ist. Erste Kontakte zu früheren Spielern konnte ich mit diesem Interview schon über WhatsApp knüpfen. Das freut mich sehr. Ich wohne zwar 600 Kilometer entfernt, aber ich versuche, zum nächsten Ehemaligen-Treffen am 11. April nach Düsseldorf zu kommen. Das wäre ein Riesen-Ding, die Jungs von früher wiederzusehen.